In einer emotionalen und gleichzeitig humorvollen Abschiedsvorlesung mit dem Thema „It’s the impact, …“ reflektierte Manfred Curbach am 26.09.2024 über seine beeindruckenden Karrierestationen und Entwicklungen im Bauingenieurwesen in den letzten Jahrzenten. Zahlreiche Kollegen, Freunde und Weggefährten hatten ihn auf diesem Weg begleitet und waren zum Festakt im Dülfersaal der TU Dresden anwesend – und ihnen galt sein besonderer Dank. Er hob das Team seines Instituts an der TU Dresden hervor, das maßgeblich zu den wissenschaftlichen Erfolgen beigetragen hat. Ein bemerkenswerter Frauenanteil von 57 % in seiner Kerngruppe war für den Redner ein Zeichen der Vielfalt und Stärke.
Neben den persönlichen Anekdoten und Erinnerungen lag der Fokus der Abschiedsvorlesung auf wissenschaftlichen Errungenschaften und den zukünftigen Herausforderungen im Bauwesen. Manfred Curbach verwies auf die Geschichte bedeutender Bauwerke, wie die Jahrhunderthalle in Breslau mit ihrer 65 m spannenden Stahlbetonkuppel, und betonte die Wichtigkeit, auch aus Misserfolgen zu lernen. Aktuelle Forschungsthemen wie das Verhalten von Beton unter mehraxialer und dynamischer Beanspruchung und die Nutzung von Carbonbeton zur Erhöhung der Dauerhaftigkeit wurden ausführlich besprochen.
Ein besonderes Anliegen ist Curbach die Verknüpfung der technischen Verantwortung der Bauingenieure mit globalen ökologischen Herausforderungen. Er zitierte den Astronomen Carl Sagan und dessen berühmtes Bild „Pale Blue Dot“ von der Erde als blassblauen Punkt, umgeben von der Dunkelheit des Alls, aufgenommen während der Voyager-Mission, um die Zerbrechlichkeit und Einzigartigkeit unseres Planeten zu verdeutlichen. Daraus leitete er eine moralische Verantwortung ab, die weit über die bloße Konstruktion von Bauwerken hinausgeht und tief in den Schutz der Umwelt und die Eindämmung des Klimawandels hineinreicht.
Insbesondere die Bauindustrie muss Lösungen zur Reduktion ihrer CO2-Emissionen finden und umsetzen, denn der Zusammenhang zwischen CO2-Ausstoß und Temperaturerhöhung und die aus der globalen Erwärmung resultierenden extremen Wetterereignisse wie Dürren, Überschwemmungen und Waldbrände sind eindeutige Handlungsaufforderungen. Eine stärkere Vernetzung der Bauingenieure sei wichtig, um ihre gesellschaftliche Bedeutung zu erhöhen. Manfred Curbach fordert ein Umdenken im Bauwesen, das Klimaneutralität, Ressourceneffizienz und gesellschaftliche Verantwortung stärker berücksichtigt. Und er plädierte dafür, die langfristigen Auswirkungen der Ingenieurarbeit auf Gesellschaft, Umwelt und Kultur stets im Blick zu behalten.
Insgesamt schlug Manfred Curbach einen Bogen von der technischen Machbarkeit über die Verantwortung für Sicherheit und Umwelt hin zu einer tiefen Reflexion über den gesellschaftlichen Auftrag der Ingenieurwissenschaften. Er schloss mit dem Appell, die eigene Arbeit immer im Hinblick auf den „Impact“, also die langfristigen Auswirkungen auf Gesellschaft, Kultur, Gesundheit und Umwelt, zu betrachten.
Seine Abschiedsvorlesung markierte zwar den Abschluss der akademischen Laufbahn, doch wird Manfred Curbach voraussichtlich im Rahmen des zukunftsweisenden Großforschungsprojektes „LAB – Living Art of Building“ weiter an den wichtigen Fragestellungen unserer Zeit arbeiten und somit auch eine Inspirationsquelle für die kommenden Generationen von Bauingenieurinnen und Bauingenieuren sein.
Manfred Curbach war von 1994 bis 2024 Direktor des Instituts für Massivbau an der Technischen Universität Dresden. Die Nachfolge wird sein langjähriger Kollege Prof. Dr.-Ing. Steffen Marx antreten.